Der steuerrechtliche Wohnsitz richtet sich bei verschiedenen Aufenthaltsorten nach demjenigen Ort, wo der Mittelpunkt des Lebensinteresses liegt. Das Bundesgericht hat diesen Grundsatz in einem Entscheid konkretisiert. Es ging um die Frage, ob die Wohnsitznahme am Arbeitsort im Kanton Zug auch die dortige Steuerpflicht zu begründen vermag.
Nein, antwortete das oberste Gericht. Die betreffende Person lebte unter der Woche in einer 1-Zimmer-Mietwohnung nahe ihres Zuger Arbeitsortes und engagierte sich in örtlichen Vereinen. Die Wochenenden verbrachte sie jedoch mit ihrem im Kanton Bern lebenden Ehepartner, der dort im fraglichen Zeitraum ein Eigenheim mit Umschwung besass. Hier pflegten sie den Kontakt zu Nachbarn, Bekannten und Verwandten und waren gemeinsam Eigentümer zweier Rebberge.
Das Steuerharmonisierungsgesetz besagt, dass eine natürliche Person ihren steuerrechtlichen Wohnsitz dort hat, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Im Zweifelsfall befindet sich der steuerrechtliche Wohnsitz an jenem Ort, zu dem die stärksten Beziehungen bestehen. Der Mittelpunkt des Lebensinteresses bestimmt sich nach der Gesamtheit der objektiven, äusseren Umstände und nicht nach dem erklärten Wunsch oder der gefühlsmässigen Bevorzugung. Auch Formalien, wie die Hinterlegung der Schriften, sind nicht entscheidend. Der steuerrechtliche Wohnsitz ist somit nicht frei wählbar.
Bei verheirateten Personen mit Beziehungen zu mehreren Orten werden die persönlichen und familiären Kontakte zum Ort, wo sich ihre Familie aufhält, grundsätzlich stärker gewichtet als diejenigen zum Arbeitsort. Dies gilt gemäss Rechtsprechung, sofern sie täglich («Pendler») oder regelmässig an den Wochenenden («Wochenaufenthalter») an den Familienort zurückkehren.
Urteil 2C_403/2015 vom 1. April 2016