Ersitzung ist eine Art, Eigentum an einer Sache zu erlangen. Wer eine Sache ersitzt, hat sie bereits über eine bestimmte Zeit hinweg besessen. Man beachte hierbei den Unterschied zwischen Besitz und Eigentum. Das Ersitzen von Grundeigentum – ein mit der landesweiten Einführung des Grundbuchs in der Praxis kaum mehr relevanter Tatbestand – ist im Zivilgesetzbuch in Artikel 661ff geregelt.
Interessanter und auch relevanter ist die Ersitzung einer Dienstbarkeit. Nach Art. 731 Abs. 3 ZGB ist die Ersitzung von Grunddienstbarkeiten nur zu Lasten von Grundstücken möglich, an denen das Eigentum ersessen werden kann. Diese sprachlich verunglückte Formulierung meint, dass unter den Voraussetzungen, unter denen das Eigentum ersessen wird, auch die Ersitzung von Grunddienstbarkeiten möglich ist. Will heissen, dass der Ersitzende mit dem Verstreichen einer Frist von 10 Jahren für bereits eingetragene Dienstbarkeiten und 30 Jahre für nicht im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeiten die rechtsgültige Eintragung verlangen kann. Er hat zu beweisen, dass das Recht, das sich aus der Dienstbarkeit ergibt, während dieser Frist unangefochten blieb.
Im ersten Fall, wenn etwa eine Dienstbarkeit zu Unrecht eingetragen war oder vom Ersitzenden im guten Glauben in einer bestimmten Weise interpretiert wurde, so kann das Recht als ersessen gelten. Im zweiten Fall, wenn also im Grundbuch nichts eingetragen war, ein Recht vom Ersitzenden aber im guten Glauben und ununterbrochen ausgeübt und vom belasteten Eigentümer nie bestritten wurde, kann ebenfalls eine Eintragung ins Grundbuch verlangt werden. Denkbar sind vor allem ersessene Weg- und Durchleitungsrechte, Näherbaurechte und Nutzungsrechte.
Ob und wie das Recht an der Ausübung des Grundeigentums ersessen werden kann, beleuchten wir in der nächsten Ausgabe.