In einem Fall vor dem obersten Gericht ging es unter anderem um die Frage, wer zur Klage für die Durchsetzung einer Dienstbarkeit berechtigt ist – die Stockwerkeigentümergemeinschaft oder die einzelnen Stockwerkeigentümer. Auf dem Grundstück des Nachbarn war eine Last im Grundbuch zugunsten des Stammgrundstücks der Gemeinschaft eingetragen, wonach sämtliche Bäume und Sträucher auf fünf Meter unter der Schere zu halten seien. In der Klage der Gemeinschaft ging es insbesondere darum, dass zwei Bäume mit einer Höhe von 30 bzw. 20 Metern Höhe gekappt werden sollten. Eingereicht wurde die Klage von der Gemeinschaft. Der Beklagte rügte, dass diese gar nicht aktivlegitimiert, also gar nicht zu einer Klage berechtigt sei.
Tatsächlich ist das Klagerecht der Gemeinschaft mangels einer eigenen Rechtspersönlichkeit beschränkt. Grunddienstbarkeiten bestehen immer zugunsten der aktuellen Eigentümer und nicht der Gemeinschaft. Aber in der Verwaltungstätigkeit erfolgt eine gewisse Verselbstständigung, indem die Gemeinschaft zivilrechtlich handlungsfähig ist, klagen und betreiben kann. Unter die gemeinschaftliche Verwaltung fallen alle Handlungen, die dazu bestimmt sind, das betreffende Rechtsgut zu erhalten, zu mehren und der seinem Zweck entsprechenden Verwendung zuzuführen. Die Verwaltung in diesem Sinne erfolgt immer im Interesse aller Stockwerkeigentümer. Die Lausanner Richter bejahen in diesem Fall die Frage, ob die Durchsetzung der eingetragenen Dienstbarkeit in den Bereich der gemeinschaftlichen Verwaltung fällt oder nicht. Damit ist die Gemeinschaft nach höchstrichterlicher Meinung prozessfähig und aktivlegitimiert. Allerdings sei die Frage jeweils im Einzelfall zu klären. Ausschlaggebend war für die Richter, dass von Licht, Aussicht, Weitegefühl und letztlich auch von der Werterhaltung der Liegenschaft alle Eigentümer profitieren.
Urteil des Bundesgerichts 5A_898/2015 vom 11. Juli 2016