Im Korridor klafft eine grosse Delle in der Gipswand. Es ist klar: Da müssen die gerade erst ausgezogenen Mieter beim Transport eines schweren Möbels dagegen gestossen sein. Klar ist auch: Die Delle muss ausgespachtelt und die Wand neu gestrichen werden. Für diesen Schaden können die ehemaligen Mieter selbstverständlich haftbar gemacht werden. Jedoch nur wenn man als Vermieter den Mangel richtig rügt. Kommt die Rüge zu spät oder ist sie inhaltlich zu ungenau, verfällt der Haftungsanspruch.
Der Vermieter hat gemäss Obligationenrecht (Art. 267a) die Pflicht, den Zustand der Mietsache zu prüfen und Mängel, für die der Mieter einzustehen hat, sofort zu melden. Bei offenen Mängeln, also solchen, die bei sorgfältiger Prüfung leicht zu erkennen sind, gilt eine Frist von zwei bis drei Arbeitstagen. Ausserdem müssen die Mängel gemäss OR konkret bezeichnet sein und es muss klar hervorgehen, dass der Vermieter den Mieter für die Mängel haftbar machen will. Umschreibt man den eingangs erwähnten Mangel etwa nur mit «Beschädigung einer Wand» reicht diese Bezeichnung nicht aus. Der genaue Ort des Schadens und auch dessen optische Umschreibung ist zwingend notwendig – sinnvollerweise hält man die Schäden auch fotografisch fest.
Normalerweise wird im Beisein des ausziehenden Mieters eine Wohnungsabgabe inklusive Rückgabeprotokoll vorgenommen. Ein solches Protokoll ist an sich keine Mängelrüge, kann aber als solche dienen, wenn es die erwähnten inhaltlichen Anforderungen erfüllt und der Mieterschaft ausgehändigt wird. Weigert sich ein Mieter bei der Rückgabe dabei zu sein, muss diesem die Mängelrüge nach der Abnahme sofort und am besten eingeschrieben zugestellt werden. Spätere Rügen sind nur wirksam, wenn es sich dabei um Mängel handelt, die gemäss OR «bei übungsgemässer Untersuchung der Sache nicht erkennbar waren».