Der Entscheid des St. Galler Kantonsgerichts war für den betroffenen Stockwerkeigentümer wahrscheinlich ein kleiner Schock: Wie die NZZ am Sonntag im Januar publik machte, hatte das Gericht diesen dazu verpflichtet, seine bereits auf eigene Kosten installierte Ladestation in der Tiefgarage wieder zu entfernen. Seinem Elektro-Auto fehlt damit die wichtigste Tankstelle – denn gut drei Viertel aller Ladevorgänge finden in der Regel zu Hause statt.
Stockwerkeigentümer seien damit also gewarnt. Denn tatsächlich ist es so, dass ein Parkplatz in der Tiefgarage üblicherweise zum Miteigentum der Gemeinschaft gehört. Die Folge: Für Veränderungen am Miteigentum, insbesondere für bauliche Massnahmen, muss ein entsprechender Antrag an die Stockwerkeigentümergemeinschaft gestellt werden. Diese stimmt dann darüber ab. Experten ordnen die Installation einer Ladestation als «nützliche Massnahme» ein, weshalb für einen solchen Entscheid nicht Einstimmigkeit nötig ist, sondern ein qualifiziertes Mehr ausreicht: also die Mehrheit der Eigentümer nach Köpfen und Wertquoten.
Der Eigentümer im St. Galler-Fall hat es versäumt, einen solchen Antrag an die Gemeinschaft zu stellen. Im Nachhinein hat diese sich dann gegen die Installation von Ladestationen ausgesprochen. Keine Chance also für den E-Auto-Besitzer. Im Gegensatz zur Schweiz gibt es in anderen europäischen Ländern bereits ein «Recht auf Laden». Um dies auch in der Schweiz zu verankern, hat GLP-Nationalrat Jürg Grossen 2021 eine entsprechende Motion eingereicht. Weil der Vorstoss eine breite politische Unterstützung von links bis rechts erhalten hat, stehen die Chancen wohl nicht schlecht, dass sich die rechtliche Situation zu diesem Thema auch hierzulande mittelfristig ändern könnte.