An einer Versammlung wird unter den Stockwerkeigentümern heftig darüber debattiert, ob der Verwalter die Gemeinschaft in einem Rechtsverfahren vertreten darf. Konkret geht es um eine Klage gegen einen Baumeister wegen fehlerhafter Ausführung eines Auftrags.
Die Rechtslage ist so: Der Verwalter vertritt sowohl die Gemeinschaft als auch die Stockwerkeigentümer nach aussen in allen Angelegenheiten der gemeinschaftlichen Verwaltung. Geht es aber um einen Zivilprozess – ob von der Gemeinschaft oder dem Prozessgegner angestrengt –, so ist der Verwalter zur Vertretung nur ausnahmsweise befugt. Nämlich dann, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die im summarischen Verfahren behandelt werden, also solche von eher untergeordneter Bedeutung.
Zur Führung eines ordentlichen Zivilprozessverfahrens benötigt der Verwalter demgegenüber eine besondere Vertretungsvollmacht der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Da es sich bei dieser Vertretung um eine wichtige Verwaltungshandlung handelt, muss der Beschluss mit der doppelten Mehrheit der Stimmen aller Stockwerkeigentümer gefällt werden, also mit der Mehrheit der Personen und mit der Mehrheit nach Massgabe der Wertquoten. Um rechtsgültig zustande zu kommen, muss das Geschäft zudem mit der Traktandenliste der ordnungsgemäss einberufenen Versammlung angekündigt worden sein.
Eine nachträgliche Ermächtigung ist möglich, wenn ein schwerer finanzieller oder rechtlicher Nachteil droht und die Versammlung nicht rechtzeitig einberufen werden konnte und auch ein Zirkulationsbeschluss – dieser muss zwingend einstimmig erfolgen – nicht möglich war.