Bauvorhaben stossen nicht immer auf Gegenliebe. Während sich der Bauherr über die geplante Hauserweiterung oder den neuen Swimmingpool freut, sieht der Nachbar vielleicht seine Sicht beeinträchtigt oder fürchtet Lärm durch im Wasser herumtobende Kinder und erhebt Einsprache gegen das Projekt.
Auch wenn das Bauvorhaben allen Vorschriften entspricht und problemlos bewilligt werden könnte, bedeutet eine Einsprache für die Bauherrschaft meist Ungemach: Einerseits ist mit einem zusätzlichen finanziellen Aufwand zu rechnen – etwa durch den Beizug eines Rechtsanwalts, andererseits verzögert sich die Realisierung. Tritt der Kläger den Weg durch alle Instanzen an, können Jahre vergehen bis schlussendlich das Bundesgericht einen Entscheid fällt. In einer solchen Situation taucht rasch die Idee auf, dem Nachbarn eine finanzielle Entschädigung anzubieten und von ihm dafür den Rückzug der Einsprache zu verlangen. Doch darf man als Bauherr ein derartiges Angebot überhaupt machen? Ja, selbst wenn der Rekurs unter Umständen keine Chance gehabt hätte. Ein Ansatz ist es, dem Kläger klar zu machen, dass seine Aussichten gering sind und ihn zugleich für die angefallenen Anwaltskosten zu entschädigen, wenn er die Einsprache zurückzieht. Geht der Nachbar trotzdem davon aus, Recht zu bekommen, kann die Entschädigungssumme auch erhöht werden. Wie gross diese sein soll, wäre auszuhandeln und ob sie moralisch vertretbar ist, steht auf einem anderen Blatt.
Anders sähe die Sachlage aus, wenn der Kläger bei einem aussichtslosen Fall von sich aus eine Zahlung fordern würde, um die Einsprache zurückzuziehen. Ein solches Angebot könnte ihm dann als Erpressung ausgelegt werden. Die Beweislast dafür würde aber beim Bauherrn liegen und ist in der Regel schwierig zu erbringen – vor allem wenn die Forderung nur mündlich erfolgte.