Dienstbarkeiten sind ein bewährtes Rechtsmittel, wenn es darum geht individuelle bauliche Regelungen für zwei benachbarte Grundstücke aufzustellen. Ein typisches Beispiel dafür ist etwa das Näherbaurecht, das es den Besitzern zweier Grundstücke ermöglicht, den gesetzlichen Grenzabstand für ein Bauprojekt zu unterschreiten. Sind solche Dienstbarkeiten nicht ganz klar und abschliessend formuliert, können daraus jedoch Rechtsstreitigkeiten entstehen.
Mit einem entsprechenden Konflikt musste sich das Bundesgericht im Fall zweier Grundstücksbesitzer im Oberengadin auseinandersetzen. Einer der beiden hatte mit dem damaligen Vorbesitzer eine Dienstbarkeit vereinbart, die besagte, dass beide auf einer definierten Grundstücksfläche «keinerlei Hochbauten» errichten dürfen. Der spätere Käufer eines der beiden Grundstücke wollte im Bereich der von der Dienstbarkeit betroffenen Fläche eine Tiefgarage, sowie einen Ski- und Veloraum errichten. Dagegen setzte sich der andere Grundstückbesitzer durch alle Instanzen hindurch zur Wehr. Vergeblich: Die Bundesrichter entschieden, dass die unterirdischen Bauten trotz Dienstbarkeit erstellt werden können. Die Begründung: Da alle geplanten Bauten komplett unter dem gewachsenen Erdboden zu liegen kommen, verletzen sie die Dienstbarkeit nicht, da diese explizit von «Hochbauten» spricht.
Das Gericht hielt weiter fest: Hätten die ursprünglichen Vertragsparteien die Absicht gehabt, auf den von der Dienstbarkeit betroffenen Fläche auch keine unterirdischen Bauwerke zuzulassen, wäre dies damals entsprechend formuliert worden. Etwa mit dem Wortlaut, dass «keinerlei Bauten» erstellt werden dürfen. In diesem Fall wäre die Tiefgarage samt Nebenräumen unzulässig gewesen.
Bundesgerichtsentscheid: BGE 5A_692/2021