«Im Garten unseres Nachbarn steht ein grosser Baum, der jetzt im Herbst wieder sein Blätterkleid abwirft. Aufgrund der Lage unserer Grundstücke verfrachtet der Wind jeweils viel Laub auf unsere Parzelle. Muss ich das hinnehmen?»
Der Laubfall ist eine von verschiedenen Immissionen im Nachbarschaftsrecht, die zu Zwist führen können. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen positiven und negativen Immissionen einerseits sowie zulässigen und unzulässigen bzw. übermässigen Immissionen andererseits. Zu den positiven Immissionen zählen Rauch, Abgase, Staub, Lärm, Abwasser usw. Demgegenüber behindern negative Immissionen das Nachbargrundstück dadurch, dass sie den Bewohnern etwas entziehen, wie beispielsweise Aussicht, Grundwasser und Lichteinfall.
Nur wenn eine übermässige Immission vorliegt, muss der Laubfall nicht akzeptiert werden. Selbst durch Laub verstopfte Dachrinnen oder der Aufwand zur Beseitigung aus dem Garten und vom Dach müssen kein zwingendes Indiz für eine übermässige Immission sein. Die Abgrenzung erfolgt nach Massgabe der Intensität, die sich nach objektiven Kriterien richtet. Der Richter berücksichtigt dabei ihm Rahmen seines erheblichen Ermessensspielraums unter anderem die Lage und Beschaffenheit der Grundstücke sowie den Ortsgebrauch.
Entscheidend ist auch, in welchem Abstand der Baum zur Parzellengrenze steht. Werden die kantonal festgelegten Grenzabstände nicht eingehalten, kann man die Entfernung eines Baums verlangen. Der Abstand bemisst sich nach verbreiteter Meinung zwischen Baummitte und Grenze. Das Recht auf Entfernung eines Baums verjährt im Kanton St. Gallen übrigens nicht. Bevor man aber die Fällung verlangt, sollte man im Sinne der gutnachbarschaftlichen Beziehung unbedingt auch andere Wege prüfen.