Unangenehme Post für einen Grundstückbesitzer in Gossau SG: Der Anwalt seines Nachbarn verlangt mit Hinweis auf den Abstand zur Grundstücksgrenze von nur 5.4 Metern die Fällung der 40 Jahre alten Buche. Dem Schreiben vorausgegangen waren langjährige Diskussionen über den Laubfall. Zwei Jahre zuvor hatte der unzufriedene Nachbar bereits die Äste des Baumes auf seiner Seite bis zur Grundstückgrenze zurückgeschnitten. Das Kapprecht im Zivilgesetzbuch (Art. 687, Abs. 1) erlaubt dies, wenn der Besitzer eines Baumes die für den Rückschnitt gesetzte Frist ungenutzt verstreichen lässt.
Doch darf der Nachbar jetzt auch noch die Fällung des Baumes verlangen? Da der Mindest-Grenzabstand für hochstammige Bäume wie die Buche im Kanton St. Gallen sechs Meter beträgt, ist die Forderung grundsätzlich zulässig. Gemessen wird übrigens nicht von der Rinde her, sondern von der Mitte des Stammes. Zum Leidwesen des Baumbesitzers verjährt im Kanton St. Gallen ein zu geringer Grenzabstand für Bäume nicht – der Nachbar darf also die Fällung eines zu nahe stehenden Baumes verlangen, selbst wenn dieser jahrzehntelang niemanden störte. In anderen Kantonen verjähren solche Forderungen nach einer definierten Zeit. In Appenzell Ausserrhoden beispielsweise dürfte der strittige Baum stehen bleiben, da der Nachbar dort spätestens fünf Jahre nach Pflanzung des Baumes hätte reklamieren müssen.
Um Streitereien am eigenen Gartenzaun über ungenügende Baumabstände vorzubeugen, lohnt sich vor dem Einpflanzen in jedem Fall ein Blick auf die Webseite www.rechtswissen.ch. Dort ist in der Rubrik «Tools» ein Baumabstandsprüfer zu finden, der für jeden Kanton und verschiedene Baumarten sowie -grössen mit ein paar Mausklicks die gesetzlichen Regelungen liefert.