Die Baugesetzgebung der Kantone schreibt Bauherren die Rücksichtnahme auf Behinderte und Betagte vor. Das St. Galler Baugesetz schreibt beispielsweise für Bauten mit Publikumsverkehr die Zugänglichkeit und Benutzbarkeit für Behinderte und Betagte vor. Für neue Mehrfamilienhäuser mit sechs und mehr Wohnungen gilt unter anderem Rollstuhlgängigkeit.
Diese Anforderungen gelten bei wesentlichen Umbauten und Erweiterungen für die umgebauten und erweiterten Teile der Liegenschaft. Auf Massnahmen kann gemäss Gesetz verzichtet werden, wenn unverhältnismässige Mehrkosten entstehen oder andere Interessen überwiegen. Erleichterungen können insbesondere bei Umbauten und Erweiterungen gewährt werden.
«Wesentliche Umbauten», «unverhältnismässige Kosten», «andere Interessen» – diese vagen Umschreibungen bieten einen beachtlichen Ermessensspielraum und verursachen Unsicherheit. Stehen bei einer Liegenschaft Erneuerungen und Umbauten namentlich bei der Erschliessung an, sollten die Aspekte der Hindernisfreiheit unbedingt erörtert werden. Fällt das Bauvorhaben unter die Pflicht zur behindertengerechten Erschliessung? Wenn nein, wäre eine solche trotzdem zu befürworten? Hier können den Eigentümern und Planern Fachstellen mit Rat und Tat zur Seite stehen – in der Ostschweiz sind dies namentlich Procap (SG, AI, AR) und Proinfirmis (TG).
Gemäss einer Studie des Nationalfonds kostet hindernisfreies Bauen im Neubau durchschnittlich 1,8 % mehr. Bei Umbauten liegt der Anteil je nach Situation merklich höher. Darum ist eine Abwägung vorzunehmen. Denn in punkto Nutzen sind vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft die bessere Vermietbarkeit, höhere Mieten und allgemein die grössere Akzeptanz ins Feld zu führen.