Bis jetzt muss ein Baumangel nach geltendem Recht «sofort» gerügt werden. «Sofort» bedeutet gemäss Bundesgericht: maximal innerhalb von sieben Kalendertagen. Wird diese Frist nach Entdeckung des Mangels nicht eingehalten, gilt das Werk auch mit dem Mangel als genehmigt und die Garantieansprüche der Bauherrschaft verfallen. Dasselbe gilt übrigens auch für offensichtliche Mängel, die jedoch bei der Bauabnahme übersehen wurden. Als offensichtliche Mängel gelten solche «die bei einer genauen Prüfung zu erkennen sein sollten».
«Zu Recht ist diese Rechtslage immer wieder kritisiert worden», schreibt beispielsweise die NZZ zur aktuellen Rügefrist. Denn die Bauherrschaft sei mit der Pflicht zur sofortigen Rüge oft überfordert und ausserdem gebe es kein ersichtliches Schutzbedürfnis des Unternehmers, das eine derart kurze Rügefrist rechtfertigen würde. Diesem Umstand möchte man mit der geplanten Revision des Obligationenrechts Rechnung tragen: Wohneigentümer und Bauherrschaften sollen bei Baumängeln künftig besser geschützt werden.
Die Revision des Obligationenrechts sieht deshalb eine Verlängerung der Rügefrist auf 60 Tage vor. Diese Frist soll nicht nur für die Rüge von unbeweglichen Werken gelten, sondern ebenfalls für Kaufverträge von Grundstücken – dazu gehört auch der Kauf von Stockwerkeigentum. Und eine weitere Verbesserung wird mit der Revision angestrebt: Das Nachbesserungsrecht für Mängel an Bauten, die zum persönlichen oder familiären Gebrauch dienen, soll nicht mehr im Voraus eingeschränkt oder ausgeschlossen werden dürfen. Die Vernehmlassungsfrist der Revision ist bereits am 30. November 2020 abgelaufen – das Parlament wird sich voraussichtlich Anfang 2022 damit weiter beschäftigen.