Es war eine emotionsgeladene Diskussion: Eine kleine Stockwerkeigentümergemeinschaft (STWEG) mit sechs Parteien hatte über den Ersatz der alten Ölheizung zu entscheiden. Nötig war hierfür eigentlich eine Zweidrittelmehrheit – also vier Stimmen. Die Hälfte der Eigentümer machten klar, dass sie nur die Variante Pelletheizung akzeptieren würden. Diskutieren liessen die drei nicht mit sich. Die andere Hälfte war eigentlich für eine Wärmepumpen-Lösung, hat sich dann aber dem Frieden zuliebe dem Diktat der Pelletbefürworter untergeordnet und enthielt sich zähneknirschend der Stimme.
Im Sitzungsprotokoll stand: «Drei Ja-Stimmen, drei Enthaltungen: Pelletheizung einstimmig angenommen.» Das ist falsch. Denn Stimmenthaltungen haben faktisch die Wirkung von Nein-Stimmen. Damit hat die STWEG nicht einmal die nötige Zweidrittelmehrheit erreicht, geschweige denn Einstimmigkeit, wie im Protokoll festgehalten. Anders sähe es aus, wenn die STWEG in ihrem Reglement ausdrücklich festgehalten hätte, dass bei Abstimmungen Enthaltungen nicht mitzählen.
Im oben beschriebenen Fall gab es im Reglement keinen solchen Passus. Gemäss Vereinsrecht, das hierfür anwendbar ist, könnte der Entscheid innerhalb eines Monats nach der entsprechenden Versammlung angefochten werden – jedoch nur von jenen, die dem Entscheid nicht zugestimmt, beziehungsweise sich enthalten haben. Übrigens: Verpasst man diese Frist, gilt der Entscheid als rechtskräftig. Dass die erforderliche Mehrheit eigentlich gar nicht vorhanden war, ist dabei unerheblich. Statt in einer solch verfahrenen Patt-Situation aber überhaupt zur Abstimmung zu schreiten, wäre es wohl sinnvoller gewesen, die STWEG hätte den Heizungsersatz nochmals mit einem Spezialisten besprochen oder eine Mediatorin beigezogen.