Das Bundesgericht hat sich unlängst mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein nicht normenkonformes Geländer eines Gastbetriebs einen Werkmangel darstellt und damit die Haftung des Eigentümers begründet. Ein Gast des Betriebes im Kanton Aargau war aus seinem Zimmer im 2. Obergeschoss gestürzt und hatte sich dabei schwer verletzt. Das Geländer des bis zum Boden reichenden Fensters war auf einer Höhe von 91 cm angebracht – und nicht wie nach der geltenden SIA-Norm auf 100 cm. Zum Zeitpunkt der Installation hatte die inzwischen revidierte Normhöhe 90 cm betragen.
Nach Art. 58 Abs. 1 OR haftet der Werkeigentümer für den Schaden, der durch die fehlerhafte Anlage oder durch mangelhaften Unterhalt verursacht wird. Ob ein Werk fehlerhaft angelegt oder mangelhaft unterhalten ist, hängt vom Zweck ab, dem es dient. An die Sicherheit von Anlagen mit Publikumsverkehr sind damit höhere Anforderungen gestellt als an jene von privat genutzten Werken. Eine Schranke der Sicherungspflicht bildet die Zumutbarkeit. Zu berücksichtigen ist dabei, ob die Beseitigung des Mangels technisch möglich ist und die Kosten in einem vernünftigen Verhältnis zum Schutzinteresse stehen.
Dass eine Baute im Zeitpunkt ihrer Erstellung den Regeln der Baukunst entsprochen hat, ist für die Mängelfrage nicht ausschlaggebend. Denn es kann ein Mangel im Unterhalt darstellen, wenn Massnahmen zur Reduktion der Gefahr nicht ergriffen werden, sofern die Kosten verhältnismässig sind.
Eigentümer von Liegenschaften mit Publikumsverkehr, aber auch von solchen mit einem privaten Nutzungszweck tun gut daran, ihre Immobilien auf Mängel zu überprüfen. Denn es ist vorstellbar, dass das oberste Gericht anders als im vorliegenden Fall zugunsten des Geschädigten entscheiden könnte.BGE 4A_521/2013