Versammlung der vier Stockwerkeigentümer im kleinen Mehrfamilienhaus in einer Schweizer Kleinstadt: Es geht um den Ersatz der Heizung. Zwei Parteien sind für eine Erdsonden-Wärmepumpe, zwei für eine Pelletheizung: Pattsituation. Das Reglement der Stockwerkeigentümerschaft (STWEG) wird zu Rate gezogen. Dort steht: «Bei einer Pattsituation steht dem Verwalter der Stichentscheid zu.» Bei dieser STWEG ist der Verwalter gleichzeitig auch Stockwerkeigentümer. Sein Stichentscheid fällt zugunsten der Wärmepumpen-Lösung – für die er in der Abstimmung davor natürlich auch schon gestimmt hat. Faktisch verfügt er damit in Pattsituationen immer über eine Stimme mehr als die anderen Parteien.
Die schriftliche Regelung, wie mit Pattsituationen umzugehen ist, macht insbesondere in kleinen STWEG mit einer geraden Anzahl Eigentümern Sinn. Dabei kann bestimmt werden, dass entweder dem Verwalter oder dem Vorsitzenden der Versammlung der Stichentscheid zukommt. Im Gegensatz zur Regelung mit dem Verwalter, kann bei jener mit dem Vorsitzenden, die Person mit dem Stichentscheid von Versammlung zu Versammlung wechseln. Eine dritte Möglichkeit wäre es, zu bestimmen, dass bei Stimmengleichheit ein Beschluss als nicht zustande gekommen zu gelten hat. Dass auch dies mitunter zu problematischen Situationen führen kann, ist klar.
Wird die Verwaltung von einem Stockwerkeigentümer übernommen, so verfügt dieser übrigens bei Abstimmungen, in denen ein Interessenskonflikt besteht, über gar kein Stimmrecht. Zu solchen Geschäften der STWEG gehören beispielsweise die Festlegung des Verwalter-Honorars oder die Décharge-Erteilung an die Verwaltung. Mit diesem Entscheid wird der Verwalter von der STWEG für das vergangene Geschäftsjahr entlastet und kann danach nicht mehr persönlich zur Rechenschaft gezogen werden.