Handlungsunfähigkeit im gemeinschaftlichen Eigentum

«Mein Bruder und ich haben von unserer Mutter die elterliche Liegenschaft zu gleichen Teilen geerbt. Nun stehen notwendige bauliche Massnahmen an. Mein Bruder verweigert jedoch seine Einwilligung dazu.» – Nicht selten und besonders bei Erbengemeinschaften sind die am Eigentum Beteiligten uneins hinsichtlich der Verfügung über die Liegenschaft. Oder sie sind nicht bzw. nicht alle in der finanziellen Lage, notwendige Investitionen zu tätigen. Darum geschieht lange nichts, und die Liegenschaft verliert im schlimmsten Fall durch auftretende Schäden an Wert.
Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen dringenden und notwendigen Massnahmen. Im Fall von dringend erforderlichen Massnahmen ist das zeitliche Element wichtig. Schritte müssen sofort eingeleitet werden, um die Liegenschaft vor drohendem oder wachsendem Schaden zu bewahren. Beispiele sind eine defekte Heizung, Schäden am Dach oder ein Rohrleitungsbruch. Sind die Voraussetzungen der Dringlichkeit erfüllt, hat jeder Miteigentümer die Befugnis, die erforderlichen Massnahmen selbstständig zu ergreifen, solange diese nur den Schadenseintritt oder eine Vergrösserung des Schadens verhindern.
Ist die Dringlichkeit nicht gegeben, die bauliche Massnahme aber gleichwohl notwendig, hat jeder Miteigentümer das Recht, den Richter anzurufen. Bauliche Massnahmen sind dann notwendig, wenn sie zur Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache erforderlich sind oder wenn ohne eine baldige Massnahme die Sache Schaden erleiden würde. Der Richter kann notwendige bauliche Massnahmen gerichtlich anordnen oder einen Vertreter einsetzen, der die erforderlichen Massnahmen einleitet. Legitimiert zur Klage ist jeder Miteigentümer. Die Klage richtet sich gegen die anderen Miteigentümer.
Das Recht auf Klage kann dem einzelnen Miteigentümer durch eine allfällige Nutzungs- und Verwaltungsordnung nicht entzogen werden.